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BUND: Artenschutzbuch und Fledermaus-Nistkästen zum Internationalen Tag der Artenvielfalt eingeweiht

21. Mai 2019

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Erfurt feiert den Internationalen Tag des Artenschutzes am 22. Mai mit der Einweihung seines Artenschutzbuches und der Anbringung von fünf Fledermauskästen.

Nach der Veröffentlichung des UN-Berichtes des Weltbiodiversitäts-Rates in der vorletzten Woche ist klar: Neben dem Klimaschutz ist ein Stopp des Artensterbens die drängendste Aufgabe der Menschheit in dieser Generation. Weil es dabei nicht nur um Eisbären und Blauwale sondern auch um Insekten und die vielen anderen Tiere und Pflanzen vor unser Haustür geht, kann Jede/r etwas dafür tun.

Streuobstwiesen sind ein Beispiel für wertvolle Lebensräume in Erfurt. Mehr als 150 ha dieser geschützten Biotope besitzt die Landeshauptstadt. Viele verbuschen oder überaltern durch zu wenig Pflege. Dabei sind auf Streuobstwiesen bis zu 4.000 heimische Tier- und Pflanzenarten zu Hause. Zum Beispiel Fledermäuse: Die heimlichen Segler der Lüfte finden hier noch insektenreiche Nahrungshabitate. Baumbewohnende Arten wie die Bechstein-Fledermaus und das Braune Langohr nutzen in den alten dickstämmigeren Bäumen vorhandene Höhlungen als Quartier. Für spaltenliebende Arten können auch abgelöste Borken als Unterschlupf ausreichen. Dort wo diese geeigneten Strukturen noch nicht vorhanden sind, können Nisthilfen wichtigen Quartierersatz bieten. Allein auf der BUND-Streuobstwiese kommen mindestens 9 der 20 Thüringer Fledermausarten vor.

Wer selbst etwas für die Artenvielfalt tun will, kann sich vielfältig nützlich machen: Ob das pollen- und nektarreiche Blühangebot auf Dachgarten oder Balkon für Insekten, die langgrasige Wiese für das große Netz der Zebraspinne, alte Bäume als Brutreviere für Vögel und Verstecke für Käfer oder  „wilde“ Ecken als Schlafplatz für Igel sind. Das eingeweihte Artenschutzbuch gibt für all diese Tiere einfache Hinweise und führt zugleich in das vielfältige und geheimnisvolle Leben einer Streuobstwiese ein. Fünf Studentinnen haben es innerhalb ihres Studium fundamentale an der Universität Erfurt zusammen entworfen. Im Rahmen der von StudentInnen zweimal im Jahr selbst organisierten Lehrveranstaltungen der universitären „AG-Nachhaltigkeit“ wurde von ihnen das Artenschutzbuch konzipiert. Eine Grafikerin half beim Layout.

„Wer mehr über die Schneckenhaus-Biene, die Erdhummel oder die Zwergfledermaus erfahren will, kann hier ab sofort auf einer Wanderung über die durch uns betreute Streuobstwiese im Artenschutzbuch nachschlagen.“, sagt Alexandra Schubert, langjährige Betreuerin der Streuobstwiese des BUND Erfurt, „Wir wollen damit den Artenschutz vor der eigenen Haustür stärken. Denn ob durch übertriebenes häufiges Wiesenmähen, die Fällung von Altbäumen, immer mehr Schotter-Vorgärten, regelmäßigen Pestizideinsatz im Kleingarten oder die Sanierung von Häusern – überall werden in der Stadt leichtfertig oder unwissend Lebensräume von Spatz, Mauersegler, Wildbiene und Co. vernichtet.“. Der BUND will die Schutzwürdigkeit von Streuobstwiesen und Insekten, überhaupt von heimischen Tier- und Pflanzenarten als lebendige Schätze unserer Kultur- und Naturlandschaft wieder aktiv ins Bewusstsein der ErfurterInnen bringen. Damit werden die heimische Artenvielfalt, wertvolle Lebensräume und regionale Streuobstsorten ebenso erhalten wie die Erholungsqualität des Naturschutzgebietes an der Pfaffenlehne.

 

Hintergrund

Der UN-Rat für die Biodiversität hat Anfang Mai eine erschreckende Bilanz zum Zustand der Artenvielfalt veröffentlicht: An dem Bericht waren insgesamt 450 Autorinnen und Autoren aus mehr als 50 Ländern beteiligt. Gemeinsam haben sie über drei Jahre um die 15.000 der relevantesten wissenschaftlichen und politischen Publikationen systematisch ausgewählt, bewertet und in Zusammenhang gebracht. Mit dem Global Assessment will der IPBES kritische Wissenslücken schließen und der Politik eine fundierte Grundlage für zukünftige Entscheidungen zum Schutz von Klima und Umwelt geben.

Streuobstwiesen sind wertvolle und wichtige Lebensräume für Fledermäuse. In Siedlungen vorkommende Arten finden hier insektenreiche Nahrungshabitate, oft am Rande der Ortschaft gelegen und meist gut an diese durch hinführende Leitstrukturen wie Gebüsche, Säume, Gärten erreichbar. 2018 wurde auf der Streuobstwiese des BUND eine akustische Fledermauserfassung im Spätsommer über 11 Nächte durchgeführt. Dabei konnten 9 Arten nachgewiesen werden. Darunter auch die beiden FFH-Anhang II Arten Mopsfledermaus und Großes Mausohr. Beide Arten sind sowohl im Winter (überwinternd in den Kellern im Steiger und Petersberg) als auch im Sommer in Erfurt nachgewiesen. Auch die Fransenfledermaus konnte erfasst werden. Daneben wurden auch als typische Stadtbewohner die Zwergfledermaus und die Breitflügelfledermaus, ebenso wie  Bartfledermaus und Langohrfledermaus nachgewiesen. Der Große Abendsegler und die Rauhautfledermaus, beide eher ziehende Arten, von denen im Sommer i.d.R. nur die Männchen in Thüringen verweilen und die Weibchen weiter nördlich ihre Wochenstuben haben, wurden auch auf der Streuobstwiese registriert.

Die notwendige finanzielle Unterstützung erhielt der BUND dabei durch die Kooperation mit dem Zooparkverein und dem Umweltamt der Stadt Erfurt. Durch die Anlage von drei Bienenstöcken und zwei Wildbienenhotels auf der Streuobstwiese wurden bereits in 2018 lebendige Anschauungsobjekte für den Schutz von Blütenbestäubern errichtet aber auch Beispielnistkästen für verschiedene Vogelarten, Fledermaus-, Haselmaus- und Hornissenkästen, sowie  einem Igelunterschlupf.

Das Studium Fundamentale der Universität Erfurt bildet, neben der Haupt- und Nebenstudienrichtung, die dritte Säule des Erfurter Bachelor-Studiums. Die Teilnahme am Studium Fundamentale ist für alle Studierenden der Universität Erfurt obligatorisch. Die Studierenden sollen nicht nur fachliche Kenntnisse erwerben, sondern auch wichtige Kernkompetenzen zur Bildung ihrer Persönlichkeit ausbilden. Das Studium Fundamentale zielt darauf, den Studierenden bestimmte Kompetenzen zu vermitteln, die im Rahmen des Fachstudiums nur im begrenzten Rahmen erworben bzw. vermittelt werden können. Es bietet den Studierenden die Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben oder auszubauen, die im engeren Sinne auf bestimmte Berufsfelder vorbereiten.

Mehr Informationen unter www.bund-erfurt.de oder per email unter bund.erfurt(at)bund.net.

Kontakt:

Alexandra Schubert, Projektverantwortliche, Tel. 0176-64315857

Inken Karst, BUND-Fledermausexpertin

V.i.S.d.P. Robert Bednarsky, BUND Erfurt e.V., Vorsitzender

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